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Hahn mahnt zur Versöhnung: Frieden ist ein Geschenk

19. November 2017

 

 

Der ist in jedem Jahr Höhepunkt des alljährlichen Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und zählt daher zu den „stillen Feiertagen“. In den Gedenkveranstaltungen für die Ortschaften  Mandelsloh, Niedernstöcken und Welze gedachte Ortsbürgermeister Günter Hahn der Opfer und erinnerte, dass Krieg, Hass und Gewalt immer noch Geißeln der Menschheit seien. Dazu sagte der Ortsbürgermeister:

„Wir schreiben den 28. Juni 1914. Eine Wagenkolonne bewegt sich durch die Innenstadt von Sarajevo. In unmittelbarer Nähe zur Lateinerbrücke fallen zwei Schüsse. Abgefeuert von serbischen Nationalisten Gavrilo Prinzip. Sie treffen den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie. Beide sterben an ihren schweren Verletzungen. Ein Mordanschlag mit weitreichenden Folgen.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, dieser – zugegeben sehr kurze – Rückblick in die Geschichte bietet sich besonders an. Die Schüsse von Sarajevo liegen nun etwas über 100 Jahre zurück. Es waren zwei Schüsse, die das vergangene Jahrhundert zum blutigsten der bisherigen Menschengeschichte machten. Das Attentat auf Franz Ferdinand ließ das Fass der Gewalt sprichwörtlich überlaufen. Ein Pulverfass, gespeist von den hochgerüsteten Großmächten der damaligen Zeit, die nur auf einen geeigneten Anlass warteten, um einen Krieg vom Zaun zu brechen. Die Schuldfrage ist bis heute nicht geklärt und wird unter Historikern teils heftig debattiert. Unstrittig dagegen sind die verheerenden Folgen. Die Wissenschaft spricht im Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg nicht umsonst von der Urkatastrophe des 20. Jahrhundert. Es war der 1. Krieg, der mit massenhaft industriell produzierten Waffen ausgetragen wurde. Es war ein Krieg der Panzer, Granaten, Flugzeuge und U-Booten. Ein Krieg der stickigen und todbringenden Schützengräben. Ein Krieg der Jugend, die aufgestachelt von falschem Nationalismus und einem irrationalen Kaiserkult ihre ganze Zukunft aufs Spiel setzten. Erich Maria Remarque beschrieb gerade diesen Aspekt in seinem Roman „ Im Westen nichts Neues“ besonders eindringlich. Dieses Buch das meiner Meinung nach an jeder Schule Pflichtlektüre sein sollte.

Meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, der 1. Weltkrieg sollte sechs Millionen Zivilisten und zehn Millionen Soldaten das Leben kosten. Zwanzig Millionen waren verwundet und traumatisiert. 1918 folgte ein Frieden. Ein brüchiger Frieden. Der Vertrag von Versailles führte zur Legende des sogenannten „ Dolchstoßes“, die gerade rechte Parteien nutzten, um gegen die neu entstandene Weimarer Republik zu polemisieren. Wirtschaftlicher Niedergang, sowie Arbeits- und Perspektivlosigkeit weiter Teile der Bevölkerung spielten den Nationalsozialisten in die Hände. 1933 kam die NSDAP schließlich an die Macht. Innerhalb kürzester Zeit wich die noch zu schwache Demokratie der jungen Republik einer Terrorherrschaft  unter dem Diktator Adolf Hitler. Sein Regime versuchte zunächst  noch den Deckmantel eines freundlichen, toleranten und weltgewandten Deutschen Reiches zu wahren. Denken wir an die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Die Realität freilich sah anders aus. Aufrüstung, Kriegshetze und Antisemitismus waren an der Tagesordnung. Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg.  Seine Bilanz: 55 Millionen Tote. Dazu dieselbe Zahl an Verwundeten. Drei Millionen Menschen gelten bis heute als vermisst. Der Zweite Weltkrieg war auch geprägt von  vielen zivilen Opfern. Bei keinem anderen Krieg zuvor starben so viele Menschen außerhalb der Schlachtfelder. An Hunger, Gewalt oder bei Bombenangriffen. Das Regime der Nationalsozialisten verfolgte zudem eine perfide Rassenpolitik, der Millionen von unschuldigen Menschen zum Opfer fielen. Sie wurden einzig und allein wegen ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe bzw. Herkunft oder aufgrund von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen inhaftiert und in den meisten Fällen getötet.

Der industrielle Massenmord im Dritten Reich ist an Gottlosigkeit,  Barbarei und Verlust jeglicher Kultur nicht zu überbieten. Ein Ausbruch des Zivils ohnegleichen und das in einem Land, das von sich behauptet, Dichter und Denker zu beheimaten. 1945 kam der ersehnte Frieden. Als Preis dafür war Deutschland über 40 Jahre ein geteiltes Land. Auch eine Folge der kriegerischen Vergangenheit unseres Volkes. Mit der friedlichen Revolution in der DDR und dem Mauerfall in Berlin vor fast 28 Jahren leben wir nun in einem Land, das als Garant des Friedens gelten kann.  Im Rahmen der europäischen Integration ist zumindest bei uns in Mitteleuropa wohl kein Krieg mehr zu befürchten. Das es vor den Grenzen der EU ganz anders aussieht, ist hinlänglich bekannt. Syrien, Irak oder auch die Ukraine zeigen es uns – das Morden auf  dieser Erde hat noch lange kein Ende. Und so ist dieser Volkstrauertag auch eine Mahnung an uns alle, den Frieden Tag für Tag als Geschenk zu sehen. Ein Geschenk, das wir uns immer wieder neu verdienen müssen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wenn Sie auf die Gedenktafel vor mir blicken fällt eines ganz besonders auf. Es gibt wenige alteingesessene Familien hier im Ort, die keinen Angehörigen in den beiden Weltkriegen verloren hat. Aus unserer Mitte wurden Söhne, Väter und gute Freunde gerissen. Und das Ganze ist nun über 70 Jahre  her. Ich persönlich darf mich noch zu einer Generation zählen, die Menschen kennen lernen durfte und darf bei meinen Besuchen zu Geburtstagen und anderen Anlässen ,  die selbst einen Krieg auf deutschen Boden miterleben mussten. Meine Großeltern konnten mir noch davon erzählen. Wer schon einmal einen 80- oder 90-jährigen Menschen gesehen hat, der bei der Schilderung der damaligen Ereignisse den Tränen nahe ist, der kann zumindest erahnen, was ein Krieg mit der menschlichen Seele anrichten kann. Während wir heute in unserer Gesellschaft den Tod und das Leid noch weitestgehend verdrängen können, war dies vor über siebzig Jahren angesichts des allgegenwärtigen Schreckens kaum möglich.

Aus diesem Grund, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, ist es gerade eine Verpflichtung der heutigen Jugend  nicht nur Fragen zu stellen, sondern ihnen die Aufgabe zu geben den Frieden zu erhalten. Nur so kann die Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft aufrechterhalten werden. Eine Erinnerung auch an Toleranz- blicken wir doch auf viele tausende Kriegsflüchtlinge, die derzeit in unserem Land Schutz suchen vor dem irrsinnigen Krieg . Reichen wir Ihnen die Hand, anstatt Vorurteile zu pflegen. Toleranz, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ist der Schlüssel zum Frieden. Beten und bitten wir darum, diesen Schlüssel nie wieder aus der Hand zu verlieren.

Im Namen des Ortsrates Mandelsloh legen wir nun diesen Kranz nieder. Er soll an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnern und uns alle zum Frieden mahnen“.